Hinter den Kulissen: Die versteckte Sprache der Arbeitszeugnisse und ihre Regeln
In Arbeitszeugnissen wird von einem Geheimcode gesprochen, wenn Formulierungen enthalten sind, die eine vollständig andere Bedeutung haben, als der Text suggeriert. Solche Formulierungen sind in der Zeugnissprache laut Gesetzgeber (§ 109 GewO, novelliert 2002) verboten.
Es wurde viel debattiert, ob in Arbeitszeugnissen ein „Geheimcode“ existiert oder nicht. Gemäß der Gesetzgebung darf ein solcher Code nicht vorhanden sein, da er in Arbeitszeugnissen untersagt ist (§ 109 GewO, novelliert 2002). In der Praxis hat sich jedoch im Laufe der Zeit etwas anderes entwickelt. Denn die Bewertung, dass „Wir wünschen ihm alles Gute und viel Erfolg“ eine durchschnittliche Bewertung darstellt, ist nicht sofort ersichtlich. Es besteht also ein Widerspruch zwischen den gesetzlichen Vorgaben und der gängigen Praxis.
Bereits im 19. Jahrhundert hat der Gesetzgeber Geheimcodes in Arbeitszeugnissen verboten. Da Arbeitgeber jedoch nicht immer nur Positives über ihre Arbeitskräfte zu sagen haben, hat sich eine eigene Sprache entwickelt – die sogenannte „Zeugnissprache“. Diese Sprache bedient sich Umschreibungen, die als eine Art von Kodierung verstanden werden können. Obwohl diese Umschreibungen bereits seit langem bekannt sind und ihre Bedeutung der Allgemeinheit zugänglich ist, dürfen sie offiziell nicht als Code bezeichnet werden. Wenn sie jedoch nicht richtig verstanden werden, wirken sie wie ein Code, um Leistungsdefizite in Arbeitszeugnissen zu verschleiern.
Die Zeugnissprache kann als eine Art „Arbeitszeugnis Code“ betrachtet werden, da die Bedeutung hinter den Sätzen eine andere ist als im normalen Sprachgebrauch. Dabei sind es oft Feinheiten, die in der täglichen Kommunikation als penibel bezeichnet werden, in der Zeugnissprache jedoch den entscheidenden Unterschied zwischen einer oder mehreren Notenstufen ausmachen können.
Ein Beispiel gefällig? Jemandem zukünftig Erfolg zu wünschen, gilt allgemein als nette Geste. Im Arbeitszeugnis wird ein solcher Satz jedoch wie folgt ausgelegt: Für die Zukunft Erfolg wünschen bedeutet, man hatte noch keinen Erfolg! (Stichwort: weiterhin Erfolg!) Was für ein Erfolg? Wenig oder viel Erfolg? (Ideal: weiterhin viel Erfolg). Dieses kurze Beispiel zeigt, dass definitiv im Arbeitszeugnis ein Code angewendet wird. Da dieser jedoch durch die Regeln und Techniken der Zeugnissprache einer gewissen Norm folgt, versteht man unter dem Geheimcode in Arbeitszeugnissen vorwiegend Sätze, die eine explizit andere Bedeutung haben als die Formulierungen erahnen lassen.
Diese Formulierungen sind zum Teil explizit verboten! Welche das sind und welche wahre Bedeutung dahintersteckt, könnt ihr unten nachlesen oder als Liste herunterladen. Solltet ihr in eurem Arbeitszeugnis diese Formulierungen finden, könnt ihr beinahe sicher sein, dass euer Chef, besser gesagt Ex-Chef, dies mit Absicht getan hat. Während nicht alle Zeugnisersteller mit den Regeln der Zeugnissprache vollends vertraut sind und es zu schlechteren Bewertungen als beabsichtigt dadurch kommen kann, ist es bei der Verwendung dieser Textbausteine eindeutig! Da diese Formulierungen eklatante Auswirkungen auf eure zukünftigen Bewerbungen haben sollten, sollte dagegen definitiv vorgegangen werden. Sollten schriftliche Aufforderungen zur Abänderung des Zeugnisses erfolglos bleiben, ist der Schritt zum Fachanwalt für Arbeitsrecht empfohlen!
Einen kostengünstigen Weg, euer Arbeitszeugnis auf Geheimcodes, aber auch Gesamtnote, Teilnoten und sonstige Auffälligkeiten hin zu überprüfen, bieten wir euch mit unserer sekundenschnellen Online-Analyse. Achtet aber auch selbst auf Abwandlungen der bekannten Geheimcodes in euren Zeugnissen!
Zusammengefasst:
Der Geheimcode in Arbeitszeugnissen bezieht sich auf Formulierungen, die eine gänzlich andere Bedeutung vermitteln als der Text suggeriert. Diese Art von Formulierungen ist gemäß dem Gesetzgeber (§ 109 GewO, novelliert 2002) in der Zeugnissprache untersagt.
Geheimcodes in Arbeitszeugnissen:
| Geheimcode | Bedeutung |
"Als umgänglicher Kollege wurde Herr Mustermann geschätzt." --> Es handelt sich um einen schwierigen Mitarbeiter.
"Er wird als umgänglicher Kollege geschätzt." --> Es handelt sich um einen schwierigen Mitarbeiter.
"Er war ein umgänglicher Mitarbeiter, der den Vorgesetzten jederzeit unbeschwert und offen entgegentrat." --> Es handelt sich um einen schwierigen Mitarbeiter.
"Herr Mustermann war ein umgänglicher Mitarbeiter, der den Vorgesetzten jederzeit unbeschwert und offen entgegentrat." --> Es handelt sich um einen schwierigen Mitarbeiter.
"Er wurde auch als umgänglicher Kollege geschätzt." --> Es handelt sich um einen schwierigen Mitarbeiter.
"Mit Kollegen hat er sich aktiv auseinander gesetzt." --> Es ist zu Handgreiflichkeiten gekommen.
"Herr Mustermann war ein sehr anspruchsvoller und in allen Fragen kritischer Manager." --> Bei dem Mitarbeiter handelt es sich um einen Nörgler.
"Herr Mustermann verstand es, seine Interessen mit denen des Unternehmens in Einklang zu bringen." --> Dieser Mitarbeiter hat sich bereichert.
"Er hat durch seine Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen." --> Der Mitarbeiter hatte ein Alkoholproblem hat und während der Arbeitszeit Alkohol getrunken.
"Er trat sowohl innerhalb wie auch außerhalb unseres Unternehmens engagiert für die Interessen der Arbeitnehmer auf." --> Der Mitarbeiter hat eine Betriebsratstätigkeit ausgeführt (unzulässige Formulierung).
"Er war wegen seiner Pünktlichkeit stets ein gutes Vorbild." --> Der Mitarbeiter war pünktlich, ansonsten hat er aber nichts geleistet.
"Er bewies für die Belange der Belegschaft stets Einfühlungsvermögen." --> Der Mitarbeiter flirtete wo es nur ging.
"Er zeigte Engagement für Arbeitnehmerinteressen außerhalb des Betriebes." --> Der Mitarbeiter hat bei Streiks teilgenommen (unzulässige Formulierung).
"Herr Mustermann verfügt über ein bemerkenswertes Bildungsniveau, mit dem er alle gesellschaftlichen Anlässe stets bereicherte." --> Das Bildungsniveau des Mitarbeiters ist stark unterdurchschnittlich.
"Wir wünschen ihm alles Gute und Gesundheit." --> Dieser Mitarbeiter erkrankte regelmäßig.
"Für die Belange der Belegschaft bewies er stets Einfühlungsvermögen." --> Der Mitarbeiter suchte Sexkontakte bei Betriebsangehörigen.
"Im Kollegenkreis galt er als toleranter Mitarbeiter." --> Dieser Mitarbeiter ist für Vorgesetzte unangenehm.
"Wir lernten ihn als umgänglichen Kollegen kennen." --> Dieser Mitarbeiter war im Kollegenkreis unbeliebt.
"Er zeigte für die Arbeit Verständnis." --> Dieser Mitarbeiter hat keine Leistung gebracht.
"Mit seinen Vorgesetzten ist er gut zurechtgekommen." --> Es hat sich um einen Mitläufer gehandelt, der sich gut anpasste.
"Er war fleißig und wusste sich gut zu verkaufen." --> Es handelte sich um einen unbeliebten Kollegen.
"Er bewies großes Einfühlungsvermögen bei seinen Kollegen." --> Der Mitarbeiter ist homosexuell (unzulässige Formulierung).
"Herr Mustermann nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um sich in externen Weiterbildungsveranstaltungen fortzubilden." --> Der Mitarbeiter versuchte anfallende Arbeit zu entgehen.
"Herr Mustermann handelte durchdacht, sorgfältig und gewissenhaft." --> Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit werden synonym verwendet, so dass diese Eigenschaft des Mitarbeiters als unbefriedigend bewertet wurde.